Head Mare startet neue Angriffswelle: Mehrstufige Backdoors, Polyglot-Anhaenge und SSH-Tunneling

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Forschende von «Kaspersky» beobachten eine neue Welle zielgerichteter Angriffe der Gruppe Head Mare auf Organisationen in Russland und Belarus. Der Akteur verlagert sich von einzelnen Backdoors zu einer mehrstufigen, modularen Angriffskette, die die Erkennungsresilienz erhöht und eine nachhaltige Verankerung in Unternehmensnetzen erleichtert.

Initialzugang ueber Phishing: Polyglot-Dateien tarnen die Nutzlast

Die Kampagne startet weiterhin mit Phishing-Mails, in deren Anhang der Backdoor PhantomRemote eingeschleust wird. Auffällig ist die Nutzung von Polyglot-Dateien: Dabei werden in einer Datei gültige Strukturen mehrerer Formate kombiniert, sodass Anhänge von E-Mail-Gateways, DLP-Lösungen oder Office-Programmen unterschiedlich interpretiert werden und statische Prüfungen umgehen können. Ergebnis: Die schädliche Nutzlast gelangt mit höherer Wahrscheinlichkeit bis zum Endgerät.

Mehrstufige Backdoor-Kette: Diversitaet fuer Ausfallsicherheit

Im Sommer 2025 setzt Head Mare auf eine Kette aus PhantomRemote, PhantomCSLoader und PhantomSAgent. Die Komponenten sind in PowerShell, C++ und C# umgesetzt, unterscheiden sich in Startmechanismen und interner Logik, nutzen aber ein ähnliches Modell zur Kommunikation mit dem Command-and-Control (C2)-Server. Dieses technologische Diversifizieren reduziert das Risiko, dass eine einzige Signatur oder ein einzelnes Verhaltensmuster die gesamte Kill-Chain stoppt.

SSH-Tunneling ermoeglicht verdeckten Fernzugriff

In mehreren Fällen richteten die Angreifer SSH-Tunnel ein, um C2-Traffic und Admin-Tools über einen legitimen Kanal zu leiten. Solches Protocol Tunneling erschwert die Entdeckung an Perimeter-Gateways und in NDR-/SIEM-Systemen, insbesondere wenn unübliche Ports, verschachtelte Tunnel oder lange interaktive Sitzungen genutzt werden.

MITRE ATT&CK: TTPs im Ueberblick und Implikationen fuer die Abwehr

Die beobachteten Techniken korrespondieren mit MITRE ATT&CK: Initial Access — T1566.001 (Spearphishing Attachment), Execution — T1059 (Command and Scripting Interpreter, inkl. PowerShell), Persistence — diverse Loader- und Autostart-Mechanismen, Command and Control — T1572 (Protocol Tunneling) sowie T1021.004 (Remote Services: SSH). Für Verteidiger bedeutet dies: weniger Fokus auf reine IoC-Listen, mehr TTP- und Telemetrie-basierte Erkennung über Prozessketten, Skriptaufrufe und Netzwerkverhalten.

Kontext: Mehrschichtige Kampagnen werden zur Norm

Die parallele Pflege mehrerer Malware-Zweige legt nahe, dass ein einzelner Akteur oder mehrere Teams unter dem Dach von Head Mare agieren. Diese Struktur ermöglicht Redundanz, schnellere Updates und rasche Infrastrukturrotation — typisch für reifere APT-Operationen. Branchendaten stützen den Stellenwert des E-Mail-Vektors: Laut Verizon DBIR 2024 beinhalten 68% der Sicherheitsvorfälle den Humanfaktor, wobei Phishing und der Missbrauch legitimer Anmeldedaten zu den häufigsten Eintrittswegen zählen. Ähnliche Beobachtungen teilen CISA- und CERT-Berichte, die wiederholt Living-off-the-Land-Taktiken und Tunneling als Erkennungsherausforderung hervorheben.

Empfehlungen: Von E-Mail-Abwehr bis Threat Hunting

E-Mail-Sicherheit stärken: Sandboxing mit Format-Rekonstruktion und Detonation auch für Polyglot-Anhänge, strikte Richtlinien für Makros und Anhänge, DKIM/DMARC/SPF erzwingen und systematisch auswerten.

EDR/XDR und Verhaltensanalytik: Missbräuchliche PowerShell-Nutzung (z. B. Base64-encodierte Befehle, AMSI-Umgehungen), verdächtige Prozessketten sowie atypische C2-Destinationen erfassen. TTP-orientierte YARA- und Sigma-Regeln pflegen.

Netzwerk- und Tunnelkontrollen: Ausgehende 22/tcp beschränken, lange interaktive SSH-Sitzungen und SSH-über-TLS-Muster detektieren, Netzwerksegmentierung und Least-Privilege konsequent durchsetzen.

Policy & Härtung: Skriptausführung kontrollieren (z. B. AppLocker/WDAC), nur signierte Binaries erlauben, unbekannte Loader inventarisieren und blockieren, Patch- und Schwachstellenmanagement strikt halten.

Security Operations & Awareness: Proaktive Jagd nach Loader-Artefakten, Persistenzmechanismen und Tunneling-Indikatoren; regelmäßige Phishing-Übungen und Schulungen zur Erhöhung der Resilienz der Belegschaft.

Die Weiterentwicklung des Head-Mare-Arsenals zeigt: Punktuelle Anhangsfilter reichen nicht mehr aus. Organisationen sollten in mehrschichtige Abwehr, EDR/XDR mit Telemetrie-Fokus, tiefe Inhaltsanalyse und strikte Tunnelkontrollen investieren. Wer jetzt Prozesse, Technik und Schulungen harmonisiert, senkt das Risiko erfolgreicher Kompromittierungen und verkürzt die Reaktionszeit im Ernstfall.

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