In Fluent Bit, einem der am weitesten verbreiteten Logging- und Telemetrie-Agenten in Cloud- und Kubernetes-Umgebungen, wurden fünf sicherheitsrelevante Schwachstellen identifiziert. Die kombinierte Ausnutzung dieser Fehler kann dazu fuehren, dass komplette Cloud-Accounts oder Kubernetes-Cluster kompromittiert werden. Besonders kritisch ist, dass Angreifer damit direkt an den „Nervenstrang“ der Observability-Infrastruktur gelangen und Protokolle, Metriken und Alarmierung gezielt manipulieren koennen.
Fluent Bit als zentrales Element von Kubernetes- und Cloud-Logging
Fluent Bit ist ein Open-Source-Agent fuer Log- und Metrik-Sammlung aus Containern, virtuellen Maschinen und klassischen Hosts. Das Projekt gehoert zur CNCF-Landschaft und laeuft auf Windows, Linux und macOS. Es wird typischerweise verwendet, um Daten an Plattformen wie Elasticsearch, Loki, Splunk oder Cloud-native Monitoring-Loesungen zu senden.
Besonders sicherheitsrelevant ist die breite Integration von Fluent Bit: grossen Kubernetes-Distributionen und Managed-Kubernetes-Angebote der Hyperscaler wie Amazon Web Services, Google Cloud Platform und Microsoft Azure setzen standardmaessig auf diesen Agent. Auch zahlreiche Technologie- und Sicherheitsanbieter nutzen Fluent Bit in ihren Produkten. Schwachstellen in diesem Baustein treffen damit einen Grossteil moderner Container- und Cloud-Umgebungen.
Die entdeckten Fluent-Bit-Sicherheitsluecken und ihre Angriffsvektoren
Umgehung der Authentifizierung und unautorisierter Zugriff auf das Fluent-Bit-API
Ein Teil der Schwachstellen ermoeglicht es Angreifern, Authentifizierungsmechanismen des HTTP- bzw. API-Interfaces zu umgehen. Gelingt diese Umgehung, kann ein Angreifer Fluent Bit so ansprechen, als sei er ein vertrauenswuerdiger interner Dienst. Dadurch werden sensible Operationen moeglich, etwa das Aendern von Konfigurationen, das Neudefinieren von Log-Routen oder das Einschleusen manipulierter Ereignisse in die Telemetrie-Pipeline.
Path Traversal und unkontrollierter Zugriff auf die Dateisystemstruktur
Weitere Luecken betreffen Path-Traversal-Angriffe. Durch speziell gestaltete Dateipfade mit Konstrukten wie ../ kann Fluent Bit dazu gebracht werden, ausserhalb der vorgesehenen Log-Verzeichnisse auf Dateien zuzugreifen. Dies eroefnet die Moeglichkeit, Konfigurationsdateien zu lesen oder zu ueberschreiben sowie sensible Informationen aus anderen Teilen des Dateisystems abzugreifen. In sicherheitskritischen Umgebungen kann dies direkt zur Offenlegung von Zugangsdaten, Zertifikaten oder Kubernetes-Konfigurationen fuehren.
Remote Code Execution (RCE) und Denial of Service (DoS) im Logging-Agent
Besonders gravierend ist, dass einzelne Schwachstellen Remote Code Execution (RCE) im Fluent-Bit-Prozess erlauben koennen. Laeuft der Agent mit erweiterten Rechten – was in vielen Legacy-Setups oder schlecht gehärteten Containern der Fall ist –, wird er zu einem effektiven Einstiegspunkt in das zugrundeliegende Betriebssystem des Containers, des Kubernetes-Nodes oder der virtuellen Maschine im Cloud-Account.
Zusaetzlich lassen sich die Fehler fuer Denial-of-Service-Angriffe missbrauchen, bei denen Fluent Bit abstuerzt oder haengen bleibt. Damit fallen Logging- und Metrikdaten aus, was Incident-Detection und Forensik massiv erschwert. Aus der Praxis ist bekannt, dass Angreifer haeufig zunaechst Monitoring- und Logging-Mechanismen deaktivieren oder taeuschen, um anschliessend unbemerkt laterale Bewegungen durchzufuehren.
Manipulation von Logs, Tags und Telemetrie-Pfaden
Ein weiterer Angriffsvektor betrifft die Manipulation von Tags, Routen und Inhalten der Logs. Hat ein Angreifer Kontrolle ueber die Fluent-Bit-Konfiguration oder entsprechende APIs, kann er gezielt steuern, welche Ereignisse an zentrale Log-Backends gesendet, verworfen oder an alternative Ziele weitergeleitet werden. So lassen sich kompromittierende Spuren entfernen, glaubwuerdig wirkende Falschinformationen einspeisen oder Metriken verfälschen, auf deren Basis automatische Reaktionsmechanismen und Alarme arbeiten.
Vom Logging-Agent zur umfassenden Cloud-Kompromittierung
Aus Sicht der Angriffskette ist Fluent Bit damit mehr als „nur“ ein Hilfsdienst. Ein typisches Szenario beginnt damit, dass ein Angreifer Netzwerkzugriff auf den Fluent-Bit-Endpunkt erlangt – etwa durch eine falsch exponierte Kubernetes-Service-Definition oder unzureichende Network Policies. Anschliessend werden Authentifizierungs-Bypass und RCE ausgenutzt, um Code im Agent-Prozess auszufuehren.
Ist dieser Schritt gelungen, kann der Angreifer Persistenz auf dem Node oder im Cluster etablieren, Credentials abgreifen, weitere Pods oder Services scannen und laterale Bewegungen durchfuehren. Gleichzeitig werden Log-Routen und Inhalte so angepasst, dass verdächtige Aktionen verschleiert werden. Aehnlich wie in frueheren, viel diskutierten Faellen im Logging-Umfeld – etwa der Log4Shell-Schwachstelle – wird deutlich, dass Komponenten der Observability-Schicht ein hohes Angriffs- und Missbrauchspotenzial besitzen, wenn sie nicht konsequent gehärtet werden.
Empfohlene Gegenmassnahmen: Patching, Hardening und Segmentierung
Die Maintainer von Fluent Bit haben nach Angaben der Sicherheitsforscher Updates in den Versionen 4.1.1 und 4.0.12 bereitgestellt, die saemtliche beschriebenen Schwachstellen schliessen. Diese Releases wurden im Januar 2025 veroeffentlicht. Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services empfehlen ihren Kunden ausdruecklich, zeitnah auf die abgesicherten Versionen zu aktualisieren, insbesondere in produktiven Kubernetes- und Multi-Cloud-Umgebungen.
Neben dem Einspielen der Patches sollten Betreiber weitere Hardening-Massnahmen umsetzen. Dazu gehoert, die netzwerkseitige Erreichbarkeit der Fluent-Bit-HTTP- und API-Schnittstellen strikt zu begrenzen – etwa durch Kubernetes Network Policies, Firewalls, Service-Mesh-Policies und VPN-Zugriffe. So wird die Angriffsoberflaeche fuer externe und interne Angreifer deutlich verkleinert.
Empfehlenswert ist ausserdem, auf dynamische Tag-basierte Log-Routing-Logik zu verzichten und stattdessen moeglichst statische, ueberschaubare Routen zu definieren. In Kombination mit streng begrenzten Verzeichnissen fuer Lese- und Schreibzugriffe lassen sich Path-Traversal-Angriffe deutlich erschweren. Konfigurationsdateien sollten nach Moeglichkeit read-only in Container gemountet werden, um unbemerkte Manipulationen zu verhindern.
Schliesslich sollte Fluent Bit konsequent nach dem Prinzip der geringsten Privilegien betrieben werden. Laeuft der Agent unter einem nicht privilegierten Benutzer und in einem gehärteten Container, reduziert dies das Risiko, dass eine erfolgreiche Remote Code Execution unmittelbar zu einer vollstaendigen Kompromittierung des Hosts fuehrt.
Organisationen sollten ihre Umgebung nun gezielt nach Fluent-Bit-Instanzen inventarisieren, den Patch-Stand ueberpruefen und Logging-Agents fest in das bestehende Schwachstellen- und Konfigurationsmanagement integrieren. Wer Updates zeitnah einspielt, Netzwerkpfade minimiert und die Observability-Schicht aktiv härtet, erhoeht die Resilienz seiner Kubernetes- und Cloud-Infrastruktur spuerbar und reduziert die Chancen erfolgreicher, verdeckter Angriffe.